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Projekt Lesen und Schreiben für alle (PLUS)

Wissenschaftliche Begleitung

Von 1993 bis 200 wurde in Hamburg das Projekt "Lesen und Schreiben für alle" (PLUS)
durchgeführt.

Das Projekt stellt eine bildungspolitische Antwort dar auf die dürftigen Erfolge der
sog. LRS-Einzelhile, mit der Schüler mit LRS bzw. Legasthenie seit den 80er Jahren
gefördert worden waren.
Zudem hatte kurz zuvor eine Vergleichsstudie zwischen Schülern aus Hamburg und Städten
in der damals noch bestehenden DDR gezeigt, dass Hamburger Schüler im Durchschnitt
deutlich schwächere Rechtschreibleistungen zeigten und dass viel mehr Schüler in Hamburg
eine Lese-Rechtschreibschwäche aufwiesen als in der damaligen DDR (May 1991, 1995a).

Da entsprechende Vergleichsergebnisse aus anderen bundesdeutschen Städten deutlich
bessere Ergebnisse zeigten als Hamburg, sollte mit dem Projekt "Lesen und Schreiben für alle"
nicht nur die LRS-Förderung verbessert werden, sondern es sollte ein Beitrag zur Verbesserung
der schriftsprachlichen Leistungen aller Hamburger Schüler sein.



Projektziele

Vor Projektbeginn wurde 1993 eine Voruntersuchung über schriftsprachliche Leistungen und Bedingungen des (Förder-) Unterrichts in allen Hamburger Schulen mit vierten Klassen durchgeführt (May 1994c). Die Ergebnisse bildeten die Grundlage zur Verteilung der Förderressourcen an die Schulen.

Von 1994 an wurde dann ein neues Konzept zur präventiven, integrativen und kooperativen Förderung von Kindern mit Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben eingeführt. Nach dem PLUS-Konzept sollten alle Kinder so früh wie möglich (präventiv) und möglichst innerhalb der Klasse (integrativ) gefördert werden. Dies sollte geschehen, indem die Klassenlehrer im Unterricht und Förderunterricht kooperativ von eigens dafür ausgebildeten Schriftsprachberatern beraten und unterstützt wurden.

Das Projekt dauerte von 1994 bis 2000. Es wurde direkt von der zentralen Behörde für Bildung und Sport geleitet.
Eine Fortbildungsgruppe im Institut für Lehrerfortbildung bereitete die Schriftsprachberater ein Jahr lang auf ihre Aufgaben vor und führte dann ein praxisbegleitendes Coaching durch.

Evaluation des Projekts

Die wissenschaftliche Begleitung (Leitung: Dr. Peter May, Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg) zielte auf

In den Schuljahren 1993/94 bis 1995/96 wurden die Lehrerfortbildungsmaßnahmen evaluiert und Vorschläge für die Weiterentwicklung des Fortbildungskonzepts unterbreitet (May & Juchems 1996)

Von 1994 bis 1999 wurde eine Effektevaluation in Form einer umfangreichen Längsschnittuntersuchung in den Schulen durchgeführt. Dazu wurden ab Klasse 1 Bedingungen des (Förder-) Unterrichts in Klassen mit und ohne Schriftsprachberater sowie in der außerunterrichtlichen Förderung analysiert und die Leistungsentwicklung der Kinder im Rechtschreiben und Textschreiben erhoben.

Diese Untersuchung hatte das Ziel, Vorschläge zu entwickeln, wie die Lerneffektivität des schriftsprachlichen (Förder-) Unterrichts erhöht werden kann, innerhalb welcher Formen und mit welchen Methoden des Förderunterrichts Kinder mit unterschiedlichen Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb (u.a. Teilleistungsstörungen, schriftferne Milieubedingungen, Mehrsprachigkeit) effektiv gefördert werden können und welche flankierenden Maßnahmen ggf. ergriffen werden sollten, um die Wirkungen des Unterrichts und des Förderunterrichts auf den Lernerfolg von Kindern mit Lernschwierigkeiten beim Schriftspracherwerb zu erhöhen.

Es wurden Dokumentationen von konkreten Förderprojekten in den Schulen erstellt werden, die in Form von Handreichungen veröffentlicht und als Material für die Fortbildung der Lehrkräfte genutzt werden sollen.

Die abschließende Effektevaluation wurde mit einer erneuten Erhebung der schriftsprachlichen Leistungen in Hamburger Schulen abgeschlossen und die Veränderungen mit den Ergebnissen der Voruntersuchung verglichen (siehe May 2001a, b, c).

Aufgrund der Ergebnisse der Längsschnittuntersuchung wurden Klassen ausgewählt, die ein hohes Maß an Lernförderlichkeit aufweisen. Gemeinsam mit den Klassenlehrern und Schriftsprachberatern dieser Klassen wurden Porträts der lernförderlichen Klassen entwickelt. Damit konnten unterschiedliche Möglichkeiten beschrieben werden, wie Unterricht in der Grundschule unter verschiedenen Bedingungen lernförderlich gestaltet werden kann (siehe May 2001d). Die daraus abzuleitenden Prinzipien zum lernförderderlichen Unterricht und Förderunterricht

die umso wichtiger sind, je schwächer die Lernausgangslage der Schüler ist,
stimmen mit den aus Sekundäranalysen gewonnenen Erkenntnissen von John Hattie (2012) vollkommen überein.

Im Laufe des PLUS-Projekts stiegen die mittleren Rechtschreibleistungen der Hamburger Schüler signifikant an und der Anteil der Schüler mit LRS-Förderbedarf konnte gleichzeitig spürbar gesenkt werden. Aus diesem Grund wurde das Hamburger PLUS-Projekt als wegweisend für die Reform der schulischen LRS-Förderung anerkann. So überschrieb z.B. DIE ZEIT ihren abschließenden Bericht über das Projekt im Jahr 2004 mit "Triumph der Tester". Auch die Form der wissenschaftlichen Begleitung wurde als beispielhaft für eine Evaluation im öffentlichen Raum zum Zweck der Politikberatung herausgehoben (May, P. 2001e).

Die meisten der folgenden Berichte zu PLUS können per Mausklick auf die unterstrichenen Links als Datei aus dem Netz heruntergeladen werden.


a) Vorausgehende Untersuchungen zu Rechtschreibleistungen und zur LRS-Förderung in Hamburg

May, P. (1983): LRS-Diagnose: Kritische Anmerkungen zur gegenwärtigen Praxis. Informationen für Beratungslehrer in Hamburg, BL-Info, 7. Jg., Heft 3/83, 1 - 9.

May, P., Schiffel, M. & Dünhölter, H. (1982): LRS-Fördermaßnahmen in Hamburger Schulen: Erhebung zur Effektivität der Rechtschreibförderung. Hamburg: Amt für Schule.

May, P. (1982): Legasthenie - gibts die noch? LRS-Förderung in Hamburg. Hamburger Lehrerzeitung, 35. (61.) Jg., Nr. 2/1982, 35 - 38.

May, P. (1990): Kinder lernen rechtschreiben – aber wie!? Zwischenbericht über die Ergebnisse des Projekts Schreibentwicklung in der Grundschule. Hamburg: Typoskript.

May, P. & Balhorn, H. (1991): Kein Patt zwischen Ost und West: Untersuchungen zur Rechtschreibfähigkeit in Hamburger, Potsdamer, Rostocker und Zwickauer Grundschulen. Die Grundschulzeitschrift, 5. Jg., Nr. 46, 52-55.

May, P. (1991): Müssen Kinder beim Schrifterwerb scheitern? - Rechtschreibentwicklung in Hamburg und in Städten der ehemaligen DDR. In: Sandhaas, B. & Schneck, P. (Hg.): Lesenlernen - Schreibenlernen. Wien und Bonn: Österreichische und Deutsche UNESCO-Kommission, 137-146.

May, P. (1991): Die Kinder suchen sich ihre eigenen Wege: Zur Rechtschreibentwicklung Hamburger Kinder. In: Bundesverband Legasthenie (Hg.): Legasthenie: Bericht über den Europäischen Fachkongreß 1990. Emden: Ostfriesische Beschützende Werkstätten, 132-136.

May, P. (1991): Kinder müssen zum Schreiben angeregt werden. Interview zur Entwicklung der Rechtschreibung bei Hamburger Grundschülern. Hamburger Lehrerzeitung, 44. (70.) Jg., Nr. 1-2/1991.


b) Berichte der Wissenschaftlichen Begleitung (Auswahl)

May, P. (1993): Ohrfeigen und Grabenkriege. Projekt "Lesen und Schreiben für alle". Hamburger Lehrerzeitung, 46. (72.) Jg., Nr. 12/1993, 29 - 32.

May, P. (1994c): Rechtschreibfähigkeit und Unterricht. Rechtschreibleistungen Hamburger Schüler/innen im vierten Schuljahr im Zusammenhang mit Merkmalen schriftsprachlichen Unterrichts. Ergebnisse der Voruntersuchung zum Projekt Lesen und Schreiben für alle (PLUS). Hamburg: Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. [440 KB]

May, P. (1995b): Projekt Lesen und Schreiben für alle (PLUS). Entwicklung des Konzepts und Evaluation der Lehrerfortbildung. Jahresbericht der WiB über das Schuljahr 1993/94 unter Mitarbeit von Hartmut Ruddat und Stefanie Maas. [252 KB]

May, P. (1995d): Schriftsprachliche Leistungen und lernförderliche Unterrichtsbedingungen. In: Brügelmann, H., Balhorn, H. & Füssenich, I. (Hg.): Am Rande der Schrift. Zwischen Sprachenvielfalt und Analphabetismus. Lengwil am Bodensee: Libelle, 344-349. [16 KB]

Kalk, S. & May, P. (1995): Förderung von Kindern mit Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben in den deutschen Bundesländern. Vergleich des Hamburger PLUS-Förderkonzepts mit den Erlassen und Konzepten der übrigen Bundesländer. [76 KB]

Juchems, A. (1995a): Förderpraxis im PLUS. Erste Erfahrungen von Schriftsprachberater/innen in der Schule. Bericht über die Evaluation im Schuljahr 1994/95. [144 KB]

Bundschu, M. & May, P. (1995): Svenja erhält Hilfe. Erfahrungsbericht über die Förderung eines Kindes in Klasse 1. [60 KB]

Juchems, A. (1995b): "Außerunterrichtliche Lernhilfen" - Erste Erfahrungen aus der Praxis. Bericht über die Evaluation im Schuljahr 1994/95. [136 KB]

Juchems, A. (1995c): Bericht über die Evaluation des PLUS-Jahreskurses 1994/95 und der Praxisbegleitgruppen. [76 KB]

May, P. (1995g): Arbeitsbericht über die Evaluation des PLUS im Schuljahr 1994/95. Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Evaluation der Lehrerfortbildung, der Praxiseinführung und der außerunterrichtlichen Lernhilfen. [56 KB]

May, P. (1996b): Integrative Förderung von Kindern mit Lernschwierigkeiten durch kooperativen Unterricht - Erfahrungen aus dem Hamburger Projekt "Lesen und Schreiben für alle". In: Bundesverband Legasthenie (Hg.): Bericht über den Kongreß 1995 in Darmstadt. Emden: Ostfriesische Beschützende Werkstätten. [24 KB]

Juchems, A. (1996a): Bericht über die Evaluation des PLUS-Jahreskurses im Schuljahr 1995/96. [60 KB]

May, P. & Juchems, A. (1996): Evaluation der PLUS-Fortbildung. Zusammenfassender Bericht über die Evaluation der Jahreskurse 1993 - 1996. Bericht der Wissenschaftlichen Begleitung des Projekts “Lesen und Schreiben für alle” Nr. 96/05. . [76 KB]

May, P. (1999b): Merkmale des (Förder-) Unterrichts und Lernerfolg im Rechtschreiben. Vergleich verschiedener Formen des Klassen- und Förderunterrichts. Referat auf der 6. Jahrestagung für Grundschulforschung am 19. 09. 1997 in der Uni versität Potsdam. In: Giest, H. & Scheerer-Neumann, G. (Hg.): Jahrbuch Grundschulforschung, Band 1. Weinheim: Deutscher Studien Verlag. [72 KB]

May, P. (1999c): Untersuchung lernförderlicher Merkmale des schriftsprachlichen Unterrichts in der Grundschule. Bericht über die Ergebnisse der Evaluation des Projekts „Lesen und Schreiben für alle“ (PLUS). Psychologisches Institut II: Universität Hamburg [2,5 MB]
[Dieser Text stellt eine Vorfassung des in Buchform veröffentlichten Ergebnisberichts des PLUS dar (siehe May 2001c); im Anhang befindet sich die Dokumentation aller im Rahmen der Evaluation eingesetzten Erhebungsinstrumente.]

May, P. (2001a): Projekt „Lesen und Schreiben für alle“ (PLUS): Kurzfassung der Evaluationsergebnisse. Redaktionelle Bearbeitung: Eva Arnold. Hamburg: Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (Referat S 13/4). [188 KB]

May, P. (2001b): Lernförderlichkeit im schriftsprachlichen Unterricht. Effekte des Klassen- und Förderunterrichts in der Grundschule auf den Lernerfolg. Ergebnisse der Evaluation des Projekts „Lesen und Schreiben für alle“ (PLUS). Typoskript. Hamburg: Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung. [684 KB]

May, P. (2001c): Lernförderlicher Unterricht. Teil 1: Untersuchung zur Wirksamkeit von Unterricht und Förderunterricht für den schriftsprachlichen Lernerfolg. Ergebnisse der Evaluation des Projekts „Lesen und Schreiben für alle“ (PLUS). Frankfurt a.M.: Peter Lang. [528 Seiten; ISBN 3-631-37372-4]

May, P. (2001d): Lernförderlicher Unterricht. Teil 2: Wege zum Lernerfolg in der Grundschule. Porträts von Klassen mit hohem Lernerfolg. Mitarbeit: Verena Benze, Silke Jessen, Tanja Schwichtenberg. Frankfurt a.M.: Peter Lang. [199 Seiten; ISBN 3-631-37373-2]

May, P. (2001e): Prozessbegleitende Evaluation: Lesen und Schreiben in der Grundschule. In: Tillmann, K.J. & Vollstädt, W. (Hg.): Politikberatung durch Bildungsforschung. Das Beispiel: Schulentwicklung in Hamburg. (S. 115 - 130) Opladen: Leske + Budrich [ISBN 3-8100-3335-9].

May, P. (2001g): Welche schulische Förderung ist effektiv? - Was leistet Förderunterricht und wie könnte er noch erfolgreicher sein? In: Schulte-Körne, G. (Hg.): Legasthenie: erkennen, verstehen, fördern. Beiträge zum 13. Fachkongress des Bundesverbandes Legasthenie 1999 (S. 233 – 246). Bochum: Winkler.

May, P. (2001): Prozessbegleitende Evaluation: Lesen und Schreiben in der Grundschule.In: Tillmann, K.J. & Vollstädt, W. (Hg.): Politikberatung durch Bildungsforschung. Das Beispiel: Schulentwicklung in Hamburg. (S.115 ó 130) Opladen: Leske + Budrich [ISBN 3-8100-3335-9].

May, P., Scholz, H. & Widmann, B.-A. (2002): PLUS - Wege zum schriftsprachlichen Lernerfolg. Grundschule, 34. Jg., Heft 04/2002, S. 51f.


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